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Handgezeichnet sieht man hier einen Tanz- und einen Wanderschuh

Märchen

Der Tanzschuh und der Wanderschuh

von Anna Bauers

Einleitung

Wie ein Tanzschuh und ein Wanderschuh, die sich erst nicht mögen, schließlich doch gute Freunde werden, lest ihr hier.
Im kostenlosen Download erfahrt ihr, was mit einem vergrabenen Herzen passiert, woher eine seltsame Blume kommt und was man mit einem verzauberten Kuchen erleben kann…
… und viele andere märchenhafte Geschichten mehr.

Leseprobe

Es waren einmal ein solider Wanderschuh und ein leichter Tanzschuh, die gingen schon lange miteinander durchs Leben.
Am Anfang hatte der Tanzschuh den Wanderschuh bewundert, weil dieser einen so soliden Schritt hatte und sich nicht übereilte und mit Weile ging und rastete, wo es ihm vernünftig erschien. Und am Anfang hatte der Wanderschuh den Tanzschuh bewundert, weil der so leichtfüßig war und sprang und hüpfte, wann immer ihm danach zumute war.

Aber mit der Zeit wurden sie unzufrieden miteinander. „Immer und immer läufst du mir davon“, brummte der Wanderschuh. „Nicht einmal kannst du anhalten und schauen, wo es sich zu schauen lohnt. Immer hüpfst du und tanzt und hörst eine neue Melodie, und unsereiner kann sich hetzen und hasten und kommt doch nicht mit dir mit!“

„Immer rastest du und setzt langsam Schritt vor Schritt und bist bedächtig und langsam“, sagte der Tanzschuh und rümpfte verächtlich sein dünnes Oberleder, „und nichts siehst du von der Welt als das Gras am Wege und Pfützen vor deiner soliden Spitze, falls man das eine Spitze nennen kann, und die Abenteuer hinter der Wegbiegung willst du gar nicht wissen!“ Sprach's und machte einen ärgerlichen Hüpfer und tanzte davon, um zu sehen, was hinter der Wegbiegung war, aber da war auch nur dieselbe Straße mit denselben Pfützen.

Da hielt der Tanzschuh an und wartete auf den Wanderschuh. Als der endlich angekommen war, pfiff er auf dem letzten Schnürloch, so war er gerannt. „Da bist du ja“, japste er. „Ich habe mir schon Sorgen gemacht, weil ich dich gar nicht mehr gesehen habe! Immer muss ich auf dich aufpassen, weil du so schnell rennst und nicht rechts und nicht links schaust. Du wirst dir noch Löcher in deinen dünnen Söhlchen holen!“

„Ach was“, maulte der Tanzschuh. „Ich kann auf mich aufpassen. Du bremst mich bloß, immer willst du, dass ich so langsam gehe wie du, so komme ich doch nie in die Welt hinaus, und ich sterbe noch vor Langeweile!“

So stritten sie eine ganze Weile, und beinahe hätte der Tanzschuh sich auf dem spitzen Absatz umgedreht und hätte den Wanderschuh einfach stehen lassen und wäre die Straße allein hinab gehüpft. Und der Wanderschuh wusste sich nicht mehr zu helfen und ließ alle Schnürsenkel hängen, und es wurde schon Abend.

Da kam eine kluge alte Eule vorbeigeflogen und sah die beiden ungleichen Streiter und landete vor ihnen und hörte dem Streit zu und lachte. „Was streitet ihr euch um Dinge, die doch nicht zu ändern sind?“, fragte die Eule. „Der eine von euch ist rasch und neugierig und sucht hinter jeder Wegbiegung ein anderes Abenteuer, und der andere ist langsam und bedächtig und geht den Dingen auf den Grund. Ihr seid, wie ihr seid, und der eine kann den anderen nicht ändern und der andere den einen nicht. Und das ist auch gar nicht nötig. Arbeitet doch zusammen! Du, Tanzschuh, hüpfst voraus und schaust, was es Neues gibt. Und du, Wanderschuh, gehst den Dingen auf den Grund. Und am Abend trefft ihr euch und erzählt einer dem anderen, was ihr am Tage erlebt habt.“

Dann erhob sich die kluge alte Eule und flog davon, denn sie hatte Hunger und am Waldrand roch es verlockend nach Mäusen.

Der Wanderschuh und der Tanzschuh schauten einander an und dachten nach, und dann beschlossen sie, es so zu versuchen. Am Morgen machte sich der Tanzschuh auf den Weg und hüpfte davon, und der Wanderschuh hatte Muße und sah sich die Dinge genau an. Und von da an erkundeten sie die Welt, ein jeder auf seine Weise, und jeden Abend trafen sie sich und erzählten einander, was sie erlebt hatten und freuten sich einer am anderen.

So lebten sie viele Jahre und waren zufrieden. Der eine hatte Muße und der andere erlebte viel Neues und Spannendes, und wenn sie einander davon erzählten, hatte jeder Teil an dem, was der andere gesehen und erlebt hatte.

Und wenn sie nicht gestorben sind, dann wandern und tanzen sie noch heute jeder auf seine Weise durch die Welt.

Textabschlusspunkt

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Hier könnte ihr die Geschichte vom Tanzschuh und dem Wanderschuh kostenlos herunterladen und ausdrucken. douwnloadbutton